Pressemitteilung IG Metall Ingolstadt
Tarifkonflikt in den VW und Porsche Zentren von Hofmann&Wittmann in Ingolstadt spitzt sich weiter zu

Der Arbeitgeber spielt seit Monaten auf Zeit - Eine Sauerei, die seinesgleichen sucht!

30. November 202330. 11. 2023


Den Beschäftigten des Volkswagen Zentrums Ingolstadt sowie dem Porsche Zentrum Ingolstadt wird ein ordentlicher Tarifvertrag vorenthalten. Dies hat die IG Metall Ingolstadt dazu veranlasst, die Beschäftigten am heutigen Donnerstag zu einem Warnstreik aufzurufen – mit großem Erfolg. Die IG Metall fordert für die Beschäftigten des VW Zentrums eine Erhöhung der Entgelte um 8,5 Prozent für 12 Monate, für die Auszubildenden eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 150 Euro sowie für alle Beschäftigten eine soziale Komponente, beispielsweise in Form einer Inflationsausgleichsprämie. Analog steht diese Forderung auch für die Beschäftigten des Porsche Zentrums, hier wird jedoch zusätzlich der Abschluss eines Haustarifvertrages eingefordert.

Der Warnstreik begann mit Solidaritätsgrüßen von Jörg Schlagbauer, Betriebsratsvorsitzender der AUDI AG in Ingolstadt. Schlagbauer verband seine Grüße mit einer klaren und unmissverständlichen Botschaft: „Eines muss allen bewusst sein, die genau diese Konfrontation jetzt suchen. Wer Axt an die Mitbestimmung anlegt, wer Tarifverträge der IG Metall in Frage stellt und dafür auch noch arbeitnehmerfeindliche Anwälte engagiert, der legt sich nicht nur mit euch an, sondern der legt sich mit allen Metallern in Ingolstadt an und mit den 30 tausend Metallerinnen und Metallern bei Audi erst recht! Darum sind wir heute auch hier, um euch unsere Unterstützung und unsere Solidarität zu zeigen und anzubieten. Lasst euch nichts gefallen, kämpft für eure Rechte, kämpft für eure Tarifverträge und kämpft für eure Zukunft!“  

Der zuständige Politische Sekretär Gerhard Stelzer zeigt sich über die hohe Warnstreikbeteiligung sichtlich erfreut: „Es wurde in den Medien über den vor kurzem vollzogenen Verkauf der beiden Betriebe berichtet, allerdings blieben in diesem Zusammenhang die laufenden Tarifverhandlungen und die Blockadehaltung des Arbeitgebers unerwähnt. Mit der heutigen Arbeitsniederlegung haben die Kolleginnen und Kollegen mal ordentlich auf die Bremse gedrückt und damit gezeigt, wie wichtig ihnen eine anständige tarifliche Entlohnung ist.“

Die Betriebsratsvorsitzende der Hofmann & Wittmann GmbH in Ingolstadt Martina Schiechl, gab mit ihrer Rede beeindruckende Einblicke in 30 Jahre Berufserfahrung sowie mehrere Jahre Erfahrung als Betriebsrätin im Ingolstädter VW-Autohaus. Dem von der Geschäftsleitung permanent angeführte Vorwurf der Illoyalität entgegnet Schiechl in ihrer Rede mit zahlreichen belegbaren Beispielen. Sie formuliert stellvertretend für den Betriebsrat dessen klare Haltung: „Wir sind hier für Respekt, Fairness und angemessene Bezahlung und das eine Angstkultur in diesem Unternehmen unterbunden wird.“

Zu den Hintergründen des aktuellen Tarifkonfliktes.

Der Arbeitgeber stellt über mehrere Jahre hinweg den VW-Betrieb mit negativem Betriebsergebnis dar. Dies hat die Beschäftigten im Jahr 2019 dazu bewegt, einem abweichenden Haustarifvertrag zuzustimmen, was damals zu einem Verzicht auf eine Entgelterhöhung um 2,2 Prozent zufolge hatte. Dieser Vergütungstarifvertrag wurde mit Zustimmung der Gewerkschaftsmitglieder, mit Wirkung zum 31.05.2023, gekündigt. Bei Porsche hingegen hatte man sich bereits vor mehreren Jahren dazu entschlossen, keine Tarifbindung mehr einzugehen, jedoch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Glauben gelassen, dass die Tarifbindung noch besteht und die Vergütungserhöhungen des Kfz-Flächentarifvertrages Bayern weitergegeben. Allerdings wurden die Eingruppierungen willkürlich gestaltet und die Beschäftigten jenseits des Tarifvertrages eingestuft, was in Konsequenz ebenso zu Lohnverzicht geführt hat. Das defacto keine Tarifbindung besteht, wurde erst mit dem Austritt von VW bekannt.

Stelzer zeigt sich über den gesamten Verhandlungsverlauf sichtlich verärgert: “Nach der ersten Aufforderung zu Tarifverhandlungen im Mai dieses Jahres wurde zunächst am 14.06.2023 ein Verhandlungstermin vereinbart. Zu diesem Zeitpunkt müsste die Absicht, die Betriebe zu verkaufen, bereits in Planung gewesen sein. Der Arbeitgeber hat permanent auf Zeit gespielt und die Belegschaft, den Betriebsrat sowie uns die Gewerkschaft getäuscht! Das hat jetzt ein Ende!“

Laut IG Metall hätten die Inhaber und gleichzeitigen Geschäftsführer den Betriebsrat, dessen Wirtschaftsausschuss sowie die Gewerkschaft rechtzeitig informieren müssen. Dazu besteht eine gesetzliche Verpflichtung. Die Tarifverhandlungen am 14.06.2023 wurden wegen Krankheit abgesagt. Nach einer weiteren Aufforderung zu verhandeln, wurde der 13.07.2023 vereinbart. Damit wurden die Menschen in den Betrieben in dem Glauben gelassen, man wolle Tarifverhandlungen führen. Dieser Verhandlungstermin wurde wieder wegen Krankheit abgesagt. Nach nochmaliger Aufforderung kam dann ein Termin am 04.08.2023 zustande. Der Betriebsrat und dessen Wirtschaftsausschuss wurden jedoch erst am 31.07.2023 plötzlich und beiläufig über den Verkauf in Kenntnis gesetzt. In einer kurzen 20-minütigen Verhandlung wurde lediglich vom Arbeitgeber festgestellt, dass man aufgrund des Verkaufs nicht mehr allein entscheiden kann und der neue Eigentümer gefragt werden muss. Die Inhaber und Geschäftsführer sind demnach nicht nur ihrer Verpflichtung über eine rechtzeitige und umfassende Information nicht nachgekommen, sondern haben auch die Belegschaft im Glauben gelassen, sie wollen verhandeln. Offensichtlich wollten die Inhaber dies tatsächlich zu keinem Zeitpunkt! Es wurde dann nochmals zu Verhandlungen aufgefordert, weil die bisherigen Inhaber und Geschäftsführer, trotz des bereits vollzogenen Verkaufes, in der Verantwortung stehen. Diese Verantwortung umfasst auch mit dem Käufer zu klären, dass es offene Verhandlungen gibt. Am 11.10.2023, also einen Tag vor dem letzten vorgeschlagenen Verhandlungstermin wurde dann mitgeteilt, man will nicht mehr verhandeln, denn das müsse jetzt der neue Eigentümer tun.

Diese Hinhaltetaktik hat der IG Metall zu folge zu dieser außerordentlich schwierigen Situation geführt und hat sich nachweislich, so wie beschrieben, vollzogen. „Wenn dem alten Eigentümer tatsächlich die Absicherung und der Fortbestand der Arbeitsplätze wichtig gewesen wäre: Warum hat er sich dann so verhalten? Wäre es nicht korrekt gewesen, den gesetzlichen Verpflichtungen zur Information über den Verkauf nachzukommen, in Verhandlungen zu treten und die offenen Themen des Tarifvertrages und damit die wesentlichen Arbeitsbedingungen für die Menschen sauber abzuschließen? So hätte man agieren müssen und kann das auch jetzt noch tun“, so Stelzer.

„Der berechtigte und faire Wunsch der Beschäftigten, dass auch ihre Arbeitsbedingungen und Entgelte geregelt übergehen, spielten offensichtlich beim Verkauf keine Rolle. Wir sehen deshalb nach wie vor den bestehenden Eigentümer in der Verpflichtung auf den neuen Eigentümer zuzugehen und eine zeitnahe Lösung zu suchen. Wir sind noch immer in offiziellen Tarifverhandlungen und jederzeit verhandlungsbereit. Die Verantwortlichen müssen endlich zurück an den Verhandlungstisch“, führt Stelzer weiter aus.

Die IG Metall-Tarifkommission signalisiert, wie auch zuletzt am 09.11.2023 angeboten, jederzeit Verhandlungsbereitschaft, und bekräftigt: Die Verantwortung liegt, und dass jetzt schon seit vielen Monaten, bei den aktuellen Geschäftsführern.

Christian Daiker, Zweiter Bevollmächtigter, bringt es abschließend noch auf den Punkt: „Der derzeitige Eigentümer ist in einem Tarifprozess und möchte nun einfach die Verantwortung auf den neuen Eigentümer abwälzen. Für uns ist er jetzt unser Vertragspartner und wir sind mit ihm in Verhandlung und wir lassen uns nicht jetzt einfach zum nächsten schicken. Bis Ende des Jahres hat er nun die Zeit noch eine Lösung zu finden und einen anständigen Übergang für seine langjährigen loyalen Mitarbeiter zu erreichen. Wenn er weiter jede Lösung verweigert, werden die Mitarbeiter rechtlich vollkommen legitim, auch in einem Arbeitskampf ihre Forderung Nachdruck verleihen.“


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